Eigentlich sollte angenommen werden können, dass gerade eine so junge
Disziplin wie die Sozialarbeitswissenschaften - wir sprechen hier übrigens
ganz bewußt im Plural, da u.E. bislang weder in der Frage der Gegenstandsbestimmung
einer Wissenschaft Sozialer Arbeit noch in den Fragen ihrer methodologischen
und wissenschaftstheoretischen Begründung eine einheitliche Position aufweisbar
ist (vgl. hierzu die Sammelbände von Puhl (1996) und Merten et al. (1996))
- das Internet stärker zur Profilierung ihres Anliegens nutzen würde.
Ein erster Blick in die gängigen Suchmaschinen jedoch zeigt, dass hier
eher das Gegenteil der Fall zu sein scheint.
Sicher, es gibt vereinzelte Seiten, wie z.B. die Dokumentation
der Deutschen Gesellschaft für Sozialarbeit, deren Präsentation jedoch
eher an die klassische Buchkultur, kaum jedoch an eine dem Medium adäquate
Darstellung erinnert. Und das ist kein Einzelfall. Das Internet wird,
wenn auch wenig, genutzt, um Dokumente zu präsentieren, und dies überwiegend
in Textform, nicht jedoch in der für das Medium charakteristischen Hypertext
Markup Language (HTML). Das Medium erscheint als ein weiteres unter vielen,
die Möglichkeiten desselben jedoch bleiben weitgehend ungenutzt - Dokumentation
statt Interaktion. Und so schreibt Rafael
Capurro (2001) u.E. zu Recht:
"Ich stellte fest, dass ähnliche Websites, von denen es weltweit nur
drei oder vier gibt, keine communities, sondern Bibliographien und Link-Sammlungen
waren."
Dies trifft ähnlich auch auch auf den überwiegenden Teil wissenschaftlicher
Websites zu; die Sozialarbeitswissenschaften sind sogar von dieser Diagnose
noch weit entfernt.
Dies verwundert. Wird sich, angesichts der Tatsache, dass sowohl die
scientific community wie auch die Anzahl ihrer AdressatInnen eher begrenzt
ist, diese Wissenschaft nicht eher im Internet als in der alten Gutenberggalaxis
konstituieren? Unsere These lautet deshalb hier, dass der Bücherberg für
diese junge Wissenschaft eher klein bemessen bleiben wird. Sie wird eine
Wissenschaft des und im Internet.
Die Idee zu dem von präsentierten Portal Sozialarbeitswissenschaften
entstand im Frühjahr 2001 im Zusammenhang mit den Vorbereitungen zu einem
Seminar `Sozialarbeitswissenschaften und Internet` am Fachbereich
Soziale Arbeit an der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven.
Uns war dabei von Anfang an klar, dass unsere Diagnose einer kaum nennenswerten
Präsenz der Disziplin im Internet auch die Option bot, dieser Situation
mit einem eigenen Angebot entgegen zu wirken.
Die Form der Präsentation mag dabei viele auf den ersten Blick überraschen;
dynamische und von einer community getragene Portallösungen sind im Wissenschaftsbereich
im Internet eher noch ungewöhnlich und damit gewöhnungsbedürftig; zu vertraut
ist vielen noch die gutenbergsche Form medialer Präsentationen. Allerdings
kommt diese Lösung am ehesten unsere Kritik an den zumeist statischen
Präsentationen vergleichbarer Sites entgegen. Haben wir oben aufgezeigt,
dass sich die meisten Seiten durch ihre Zielsetzung `Dokumentation statt
Interaktion` kennzeichnen, stellen wir diese Intention quasi vom Kopf
auf die Füße, indem die gewählte Lösung `Interaktion und Dokumentation`
ermöglicht; die community selbst prägt das Bild und die Inhalte des Angebots
- mit statischen Lösungen ist dies nicht zu realisieren. Und erst so ist
die Präsentation eine im Sinne des Mediums adäquate mediale Darstellungsform,
zumal dann, wenn Interaktivität mehr sein soll als eine leere Phrase.
Literatur
- Capurro, R.: FACE-TO-FACE oder INTERFACE? Möglichkeiten und Grenzen
der Beratung per Internet. http://www.capurro.de/face.htm
- Merten, R./Sommerfeld, P./Koditek, T. (Hg.): Sozialarbeitswissenschaft
- Kontroversen und Perspektiven. Newied, Kriftel, Berlin
- 1996 Puhl, R. (Hg.): Sozialarbeitswissenschaft. Weinheim, München
1996
Die Herausgeber, Oldenburg/Emden im Januar 2002
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